WM-Impressionen von links und rechts der Donau
Szia (hallo) Ungarn,
die WM ist in der ungarischen Hauptstadt angekommen. Budapest, eine Stadt als Kulisse wie eine Theaterbühne, die eine unglaubliche Atmosphäre versprüht in diesem schwülwarmen Sommer. Freundliche Menschen überall auch an diesem ungarischen Nationalfeiertag, an dem Hundertausende links und rechts der Donau unterwegs sind und alle Plätze und Lokale mit Musik und Leben erfüllen.
Und im Stadion dasselbe Bild: überall freundliche Volunteers, über 30.000 Zuschauer sorgen für ohrenbetäubenden Lärm, die Stimmung ist fast euphorisch. 2.100 Sportlerinnen und Sportler aus 202 Nationen sind hier zu Gast – bei der Leichtathletik trifft sich die Welt. Neunzig Prozent sind Hobbysportler, die sich auf diese Plattform im Központ-Stadion mächtig gefreut haben. Die meisten von ihnen sind da, um an dieser WM, die ein offenes Fest der Leichtathletik ist, teilzunehmen. Im nagelneuen Aufwärmstadion kann man die zehnfache Weltmeisterin Shally-Ann Fraser-Price zwischen den Starts zum Plausch und Selfie einladen, mit dem frischgewählten World Athletics-Präsidenten Sebastian Coe vor einer verschlossenen Tür nach einer gemeinsamen Lösung suchen, oder dem Kugelstoß-Weltrekordler Ryan Crouser den Schweiß unterm Cowboyhut nachempfinden.
Und Budapest, eine der schönsten Städte Europas („Paris des Ostens“), birgt auch ganz persönliche Erinnerungen aus Städtepartnerschaftsbesuchen.
Bei Fahrten in die Puszta mit großartigen Reiterspielen, den Besuchen in den Thermalbädern (im Szecheny-Bad wird im Wasser Schach gespielt) und den Sehenswürdigkeiten mit Parlament, Matthiaskirche, Fischer-Bastei und Kettenbrücke in Budapest kann man sich tatsächlich in Land und Menschen verlieben.
Ein besonderes Ereignis: der Budapester Frauenlauf mit 10.000 Läuferinnen von der Margareten-Insel („grüne Lunge“) aus, wo der Chronist auf dem Führungs-Motorrad an den Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei zu einer sportlichen Sightseeing-Tour unterwegs war und den Lauf reportieren konnte. Dieser Frauenlauf war ein wichtiger Beitrag des Sports zur Emanzipation von Frauen in Osteuropa (neben denen in Prag und in Krynice/Polen).
Die tägliche Fahrt mit dem Fahrrad vom Appartement an der Donau entlang schenkt Zeit zum Nachdenken über den Stellenwert der Leichtathletik und allgemein dieser WM. Es ist eine Wohltat, nach den letzten WMs in Doha und Eugene wieder Menschen in ein Leichtathletik-Stadion strömen zu sehen. Und Zuschauer, die seit vier Jahrzehnten zu Weltmeisterschaften fahren, schwelgen dabei von Helsinki, Berlin oder Stuttgart mit Hunderttausenden Besuchern. Budapest könnte in dieser Woche in die Reihe denkwürdiger Veranstaltungen aufrücken.
Der geplante Rückbau des Stadions von 35.000 auf 15.000 ist eine neue Dimension im Stadionbau weg vom Gigantismus an anderen Standorten. Die Olympischen Ringe in den Farben Ungarns (rot, weiß, grün) könnten ein Signal für die Zukunft sein. „Ja, die Olympischen Spiele in Budapest, das ist mein Traum“, sagt ein altgedienter ungarischer Funktionär, der 1972 schon in München dabei war.
Eine, zwei oder gar drei Medaillen für das deutsche WM-Team, das ist unser Traum. Habt ihr’s gehört, Kristin, Julian, Niklas, Leo?