Wolfgang Schiele: ein Blick zurück des ehemaligen Schulsportreferenten des WLV
Zum einen wollen wir damit nochmals zur Lektüre unserer gesammelten Beiträge zum Jubiläumsjahr des WLV anregen. Zum anderen wollen wir auch in Zukunft in loser Folge immer wieder auf spannende und wichtige Ereignisse aus der Historie der württembergischen Leichtathletik eingehen. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Dieser Leitspruch, der August Bebel zugeschrieben wird und der auch vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl häufig zitiert wurde, gilt sicherlich auch für die (württembergische) Leichtathletik.
Lesen Sie heute einen Beitrag von Wolfgang Schiele, der als Schulsportbeauftragter des WLV in den 1980er-Jahren und Landesbeauftragter für den Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ gemeinsam mit weiteren Weggefährten aus dem WLV-Bereich maßgeblich eine Neuorientierung in der Schüler- und Jugend-Leichtathletik vorangetrieben hat.
Gerne blicke ich zurück auf die Jahre meiner Mitarbeit im Präsidium des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes. Es waren großartige Jahre mit Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften, Weltmeisterschaften in Stuttgart und im Verbandsgebiet des WLV. Eine Zeit der Aufbruchstimmung und Veränderungen, eine Zeit der Innovationen und Traditionen.
Aufschwung und Innovationen
Was ist schöner und spannender, als Ideen zu haben, diese anzupacken und ausgetretene Pfade zu verlassen. Und das in einer Zeit, in der die Leichtathletik in Baden-Württemberg weltweit im Focus war. Im Nachhinein stelle ich fest, in dieser Zeit ein Fundament mitgebaut und verantwortet zu haben, auf dessen Grundmauern auch heute noch zukunftsweisende Aufbauten und Erweiterungen möglich sind. Gerne nehme ich Sie mit auf die Reise von den letzten Jahren der „Siebziger“ bis zum Ende des Jahres 1993. Begleiten Sie beim Lesen dieser Geschichte eine Generation, die selbst unter den „Traditionalisten“ ihre Anerkennung fand.
Landesbeauftragter
Als Landesbeauftragter des Kultusministeriums für die Sportart Leichtathletik und als Schulsportreferent des WLV begab ich mich in den Startblock, mit Freunden und Freundinnen ein Ziel zu erreichen: Siegerjubel zu erfahren für eine Sportart, die an Vielfältigkeit kaum zu überbieten ist.
Und so könnte das Märchen von damals beginnen: Es waren rund 60 Freunde, vom Rhein bis zur Ostgrenze Baden-Württembergs, vom Main und Odenwald bis zum Bodensee, die an Ideenreichtum nicht zu überbieten waren. Die Zahl der beteiligten Mannschaften am Bundeswettbewerb der Schulen „Jugend trainiert für Olympia“ versechsfachte sich zu Beginn der achtziger Jahre, die Türen des Talentschuppens standen offen und viele neue Sterne am Leichtathletikhimmel begannen zu strahlen.
Mitglieder des WLV-Präsidiums, Kreisvorsitzende und Entscheidungsträger kamen aus ihrer Deckung heraus und staunten über die „Bodenschätze“, die plötzlich die Szene bereicherten. Dabei wäre es müßig, auf einzelne Hauptdarsteller oder „besondere Orte“ einzugehen, denn überall gab es einen einzigen Leitspruch: „Wir machen!“ Alle lernten voneinander, hatten neue Ideen und die Schulsportmeisterschaften wurden zu einem Event mit Begleitprogrammen, mit Animation und der Präsentation von Vorbildern. Weltmeister, Weltrekordler, Deutsche Meister oder auch regionale Leichtathletikidole waren zum Anfassen nahe, erzählten ihre Geschichten und stellten sich den Fragen.
Auch waren es immer mehr Interessenten aus den Bereichen der Gesundheitsbranche, aus der Industrie oder den Banken, die die Nachwuchs-Leichtathletik für sich entdeckten und zum Beispiel beim damals weltgrößten Hallenmeeting, dem Sparkassen-Cup in Stuttgart in ihrem Programm präsentierten.
Sogar der Weltverband beobachtete dieses Geschehen in Baden-Württemberg und sein Geschenk dafür liest sich wie ein neues Märchen: das damalige Gottlieb-Daimler-Stadion war bei allen Vormittagsveranstaltungen gefüllt – Mit begeisterten Jugendlichen, die „Jugend trainiert für Olympia“ in die Länder der Welt trugen. Meiner Kenntnis nach ist dies einmalig geblieben.
Als Erzähler dieser Geschichte frage ich mich noch heute „Wie diese Blütezeit entstehen konnte?“ Ich habe nur eine Erklärung: Die Zeit damals hatte genügend Menschen, die nicht über eine Sache redeten und diskutierten sondern genau den anderen Ansatz wählten: Wenn wir etwas für die Zukunft beitragen wollen, dann müssen wir handeln, nicht unseren eigenen Vorteil suchen, sondern uns vielmehr für das einsetzen, wofür wir stehen. In diesem Fall für die Talentsichtung, für den Sport, für die Leichtathletik. Aber auch im Rahmen von Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften, Europameisterschaften für Aufgaben in der Begleitung und Betreuung, für Jugendprogramme und Veranstaltungen.
Genau diese Menschen, mit diesen Einstellungen und dem Mut zur Umsetzung von Ideen, wünsche ich weiterhin dem WLV und gratuliere nachträglich zum Jubiläumsjahr.
Wolfgang Schiele