Wie Senior-Athleten Corona begegn(et)en
Hier geht es zum Artikel von David Deister auf leichtathletik.de
Wie es um meine Motivation steht?
Frauke Viebahn (61 Jahre, DJK BW Annen/LV Westfalen)
„Die Hallensaison 2020 war für mich sehr erfolgreich, vor allem im Hochsprung habe ich einen richtig „guten Satz“ mit 1,50 Meter gemacht. Die vielen Wettkampfabsagen im Frühjahr aufgrund von Corona waren natürlich unumgänglich, aber auch eine sehr große Enttäuschung. Nach dem ersten Frust und endlos langen Waldläufen – wegen geschlossener Sportstätten – habe ich mir mit meinen Trainern eine neue Herausforderung überlegt, um aus diesem Motivationsloch herauszukommen. Ein Siebenkampf! Einige neue (Hürden) und ungeliebte Disziplinen (Kugel und 800 Meter) standen fortan auf dem Trainingsplan. Endlich waren dann auch die Sportplätze wieder geöffnet.“
Melitta Czerwenka-Nagel (90 Jahre, LAG Saarbrücken, „Masters-Leichtathletin des Jahres 2020“)
„Ich habe immer noch viel Lust am Laufen. Und ich bin ein lufthungriger Mensch.“
Tatjana Schilling (50 Jahre, TSV 1850/09 Korbach/LV Hessen)
„Den Covid-19-Virus sah ich von Anfang an als neue Herausforderung. Ohne Wettkämpfe fehlen mir da zwar gerade die Nah-Ziele. Ich will aber mein Niveau halten. Corona hat mich gezwungen, über neue und andere Trainingsreize nachzudenken. Ich bin gespannt, wie ich über diesen Winter komme.“
Margret Klein-Raber (56 Jahre, LC Rehlingen/LV Saarland)
„Neben regelmäßigen Wanderungen mache ich nach wie vor zwei bis drei mal Fitness-Training in der Woche. Wegen Corona haben mein Vater, der ja auch Seniorensportler ist, und ich das Wintertraining ins eigene Haus verlagert. Zu zweit ist das einfacher, Musik motiviert uns zusätzlich. Meinem Vater zuliebe begleiten uns dann auch mal Songs von Freddy Quinn und Mireille Mathieu.“
Was die wenigen Wettkämpfe und Meisterschaften bedeuteten?
Frauke Viebahn
„Um wieder Wettkampfgefühl zu bekommen, mussten wir im Sommer von Witten an der Ruhr nach Niedersachsen fahren. Es war unglaublich schön, dass wir dort starten konnten, denn in Nordrhein und Westfalen gab es für Senioren zunächst keine Wettkämpfe und spät im Jahr nur sehr wenige. Ende September ging es dann nach Stendal zum Siebenkampf: hochmotiviert, aber auch voller Respekt, was dort auf einen zukommt: Zwei super gut organisierte Wettkampftage, eine sehr schöne Sportstätte und ein absolut freundliches, erfahrenes und hochmotiviertes Team vor Ort.“
Margret Klein-Raber
„Besonders in dieser dunklen und trüben Zeit braucht es gegenseitige Aufmunterung. Und die hat sich schon bewährt, anstelle der abgesagten Weltmeisterschaften in Edmonton (Kanada). Inzwischen sind einige von uns sogar „Virtuelle Weltmeisterinnen“ geworden, teils mehrfach. Dazu hatten wir uns unter befreundeten deutschen Werferinnen zusammengeschlossen, eigens einen Wettkampf auf die Beine gestellt und dort mitunter sehr gute Ergebnisse erzielt. Am Ende hatte auch ich meine Bestätigung – und eine neue Deutsche Bestleistung.“
Ob Corona und die Maßnahmen dagegen mein Training verändert haben?
Melitta Czerwenka-Nagel
„Ob mit oder ohne Corona – auch in der Corona-Zeit bin ich drei bis fünf Mal in der Woche alleine flott unterwegs, jeweils zwischen 45 und 60 Minuten. Davon laufe ich dreimal in der Woche. Und an Tagen, an denen ich nicht zum Einkaufen zwei Kilometer zu Fuß gehe, zieht es mich mit strammen Schritten an die frische Luft. Das heißt: Treppentraining inklusive, wenn ich alle vierzehn Tage meine 210 Treppenstufen meistere, und zwar am Stück.“
Barbara Gähling (56, LT DSHS Köln/LV Nordrhein)
„Back to the roots – wegen Corona trainiere ich inzwischen viel mehr draußen im Wald und insgesamt häufiger, regelmäßiger und variantenreicher. Fünf mal in der Woche für etwa 1 ½ bis 2 Stunden. Üblicherweise gemeinsam mit einer Trainingskollegin und Freundin. Das ein oder andere Gerät dazu führen wir im VW-Bus mit.“
Frauke Viebahn
„Seitdem wir unseren privaten Büroraum in ein Fitnesszimmer umgebaut haben, geht es auch mit dem Krafttraining wieder besser. Dunkelheit und schlechtes Wetter bieten keine Ausreden mehr.“
Tatjana Schilling
„Auch Fahrrad und Hantelbank sind inzwischen unverzichtbar. Und ein eigenes Profi-Laufband für Zuhause habe ich mir zugelegt, absolviere damit auch meine 400 Meter- und 600 Meter-Läufe. Bei dem einstellbaren Maximum von 22 Kilometer pro Stunde kommt das Laufband bei mir fast an seine Grenzen. Wollte und könnte ich meine aktuelle Stadionrunden-Bestzeit (60,85 sec) eins zu eins daheim abrufen, müsste ich das Band eigentlich auf ein 24 Kilometer/Stunden-Tempo regeln.“
Was Corona mit mir macht?
Barbara Gähling
„Regelmäßiges Training ist gerade jetzt so wichtig, damit der Lockdown mir nicht auf die Nieren schlägt.“
Frauke Viebahn
„Durch diese Corona-Zeit kämpft man sich so durch. Ich fürchte, dass viel zu viele Seniorensportler in diesen schwierigen Zeiten den Kopf in den Sand stecken. Der Sportplatz fehlt mir sehr: Sprint- und Sprungdisziplinen gehen dort gerade leider gar nicht. Trotzdem bleibe ich jetzt dran, irgendwann sind wir durch den Tunnel durchgekommen.“
Melitta Czerwenka-Nagel
„Faul sein? Das kommt bei mir grundsätzlich nicht infrage. Und egal, in welcher Form ich gerade bin – nach dem Laufen fühle ich mich immer besser als vor dem Laufen. Habe ich erst einmal heiß geduscht, bin ich besonders ausgeglichen und finde gleich besser in den Schlaf.“
Ob ich ein Fitness-Geheimnis habe?
Melitta Czerwenka-Nagel
„Ich habe keine Geheimnisse. Mein gesunder Lebensstil hat sich einfach bewährt. Das beginnt beim täglichen Möhrenessen oder anderer Rohkost. Und ich koche noch immer gern, Tag für Tag. Ich habe keine Vorerkrankungen, eine große Selbstdisziplin und bin stolz auf meine Lebensqualität, meine Selbstständigkeit.“
Barbara Gähling
„Kopf-, Rücken-, Hüft- und Knieprobleme? Dank meines Athletiktrainings kenne ich das einfach nicht. Nach dem Unterrichten bekomme ich so den Kopf schnell frei, kann besser entspannen und bin dann auch wieder ausgeglichener im Homeoffice.“
Welche sportlichen Ziele ich verfolge?
Melitta Czerwenka-Nagel
„Jetzt sind 12:34,67 Minuten zu unterbieten, aufgestellt von Lenore Montgomery, einer Kanadierin. Ich habe den unbedingten Willen im kommenden Sommer auch diesen W90-Weltrekord über die 1.500-Meter-Strecke zu schaffen.“
Frauke Viebahn
„Ich wünsche mir, dass ich diesen Sommer wieder an die Form vor Corona anknüpfen kann; das wird schwer, aber ich will es versuchen. Dafür braucht es wieder Wettkämpfe. Sportler sind gewohnt, sich an Regeln zu halten. Wenn man jetzt noch eine Aussicht auf eine Meisterschaft im Sommer hätte, wäre ich begeistert.“
Margret Klein-Raber
„Mal sehen, wie die Verordnungen sein werden und inwiefern die Sportanlagen wieder – auch von mehreren Personen – genutzt werden dürfen."