Rosina Schneider – Von Empfingen nach Stuttgart und in die große, weite Welt

  26.01.2024    WLV Top-News WLV Wettkampf Jugend BW-Leichtathletik Top-News BW-Leichtathletik Wettkampfsport Talentförderung Leistungssport
Hinter Rosina Schneider liegt ein aufregendes Jahr. Sportlich feierte die Hürdensprinterin mit zwei Goldmedaillen bei der U20-EM ihre bisher größten Erfolge. Zudem erlebte sie ein besonderes Abenteuer. Die Auszeichnung als „Jugend-Leichtathletin des Jahres“ ist für die 19-Jährige das i-Tüpfelchen auf ihrer herausragenden Saison.

„Es war das beste Jahr meines Lebens“, sagt Rosina Schneider (TV Sulz) im Rückblick. Der sportliche Höhepunkt? U20-EM-Gold in Jerusalem (Israel) über 100 Meter Hürden und mit der 4x100-Meter-Staffel. Im Hürdensprint verbesserte sie sich um 32 Hundertstel auf 13,06 Sekunden. Einzig DDR-Athletin Gloria Kovarik war deutschlandweit je in der U20 schneller. „Das macht mich sprachlos“, kommentierte Rosina Schneider ihren Erfolg.

Doch das Jahr hielt nicht nur im Sport Highlights bereit. Auch das absolvierte Abitur samt Abiball, die bestandene Führerscheinprüfung und nicht zuletzt ihre Trainingsreise zählt die 19-Jährige zu ihren schönsten Erlebnissen. Aber der Reihe nach. 

Die Geschichte von Rosina Schneider beginnt in Empfingen nahe dem Schwarzwald. Dort ist sie aufgewachsen. „Ich bin ein richtiges Dorfkind, ein Landmädel.“ Rosina ist kreativ, zeichnet und malt, spielt Klavier. Im Alter von acht Jahren hat sie mit der Leichtathletik angefangen und ist ihrem Heimatverein TV Sulz bis heute treu. 

Sportinternat in Stuttgart

Den ersten großen Schritt wagte Rosina Schneider 2021: Sie siedelte ins Internat einer Stuttgarter Sportschule um und schloss sich am Olympiastützpunkt der Gruppe der einstigen Sprinterin Cathleen Tschirch an, die sie noch immer im Sprint betreut. Die frühere WM-Bronzemedaillengewinnerin mit der 4x100-Meter-Staffel schreibt außerdem die Trainingspläne und kümmert sich darum, bei welchen Wettkämpfen Rosina startet.

Für die Hürden-Einheiten ist seit mehreren Jahren überwiegend Aleksandra Gacic verantwortlich. Teil des Trainerteams ist auch Sven Rees, Leistungssportkoordinator in Stuttgart, der seine langjährige Erfahrung ins Hürdentraining mit einbringt. Der Fokus liegt neben den Hürden nach wie vor auch auf dem Flachsprint, bei der U20-WM 2022 in Cali (Kolumbien) erreichte sie über 100 Meter das Halbfinale. In Jerusalem folgte der Durchbruch. 

Und wenig später ein großes Abenteuer. „Schon als ich ein kleines Kind war, wollte ich immer reisen. Das ließ sich jetzt super mit Training kombinieren.“ Im Oktober brach Rosina Schneider zu einer Trainingsreise auf, anfangs begleitet von Siebenkämpferin Sandrina Sprengel (LG Steinlach-Zollern) und Weitspringerin Tabea Eitel (VfB Stuttgart). In Los Angeles besichtigte das Trio das olympische Dorf für 2028. Eine schöne Motivation. 

Training mit Olympiasiegern

Anschließend reiste Rosina Schneider allein nach Gainesville, Florida – zum Training mit Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor und dessen Frau Beate, geborene Schrott. Die Österreicherin, Olympia-Finalistin im Hürdensprint von 2012, ist ein früherer Schützling von Sven Rees, der den Kontakt herstellte und die Reise mitorganisierte. Die Chemie zwischen dem Ehepaar und der Nachwuchs-Hürdensprinterin stimmte: Taylor forderte seine Fans im Dezember via Instagram dazu auf, bei der Wahl der „Jugend-Leichtathletin des Jahres“ für Rosina abzustimmen. Mit Erfolg. 

Der US-Star teilte während der gemeinsamen Einheiten bereitwillig seine Erfahrungen. „Christian hat viel von den Olympischen Spielen erzählt. Das hat mich mental darauf vorbereitet, was in Zukunft auf mich zukommen könnte.“ Von einem Olympiasieger ging’s anschließend zur nächsten: Dreieinhalb Wochen arbeitete Rosina Schneider in Jamaika Seite an Seite mit Sprint-Star Shelly-Ann Fraser-Pryce. Bis zu vierstündige Einheiten, manchmal zweimal am Tag: „Ich glaube, ich habe dort so hart trainiert wie noch nie.“

„Rosy“, wie sie von ihren internationalen Trainingskollegen genannt wurde, genoss es, sich mit der Jamaikanerin auszutauschen. „Ich finde es beeindruckend, dass Shelly als Mutter mit 37 Jahren immer noch so hart auf die nächsten Olympischen Spiele hinarbeitet.“ Das Highlight des zweimonatigen Trips? „Die Menschen, mit denen ich zu tun hatte.“ 

12er-Zeit im Visier

Nach dem Ende ihrer Reise ist Rosina Schneider nun wieder unterwegs. Die Botschaft von ihrer Wahl zur „Jugend-Leichtathletin“ erreicht sie auf Teneriffa, wo sie sich im gewohnten Umfeld auf die Saison vorbereitet. „Wir haben 25 Grad“, schwärmt sie. „Und die Sonnenuntergänge sind wunderschön.“ 

Eine internationale Meisterschaft der U23-Altersklasse, in die sie nun aufgestiegen ist, steht 2024 nicht auf dem Plan. Eine Chance, die Saison ohne Druck anzugehen, wenngleich sie sich einen EM-Start in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) vorstellen kann. Die Norm steht bei 12,98 Sekunden – nicht weit weg von ihrer Bestzeit aus Jerusalem. „Ich beschäftige mich nicht bewusst mit der 12er-Zeit“, meint Rosina Schneider. „Aber es ist ein Ziel, das ich mir setze.“ 

Svenja Sapper (leichtathletik.de) / wlv