Kampf um Titel, Normen und U23-EM-Startplätze in Göttingen
Das Jahnstadion von Göttingen bietet am Wochenende (1./2. Juli) den Rahmen für spannende nationale Titelkämpfe der U23-Altersklasse und das Sprungbrett zu der U23-EM in Espoo (Finnland; 12. bis 16. Juli). "Bisher haben etwa 60 Athletinnen und Athleten die Einzelnormen erfüllt", erklärt der Chef-Bundestrainer der U23 Dietmar Chounard. "Ich rechne für die U23-EM mit einem großen Team von etwa 75 Athletinnen und Athleten." In den meisten Wettbewerben qualifizieren sich die Top Zwei von Göttingen mit erfüllter Norm direkt für die Europameisterschaften, insgesamt können in den Einzeldisziplinen bis zu drei deutsche Startplätze vergeben werden.
Da wird es unter anderem im Sprint der männlichen U23 eng. Denn auf zwei der in Göttingen sicher zu vergebenden 100-Meter-Tickets kommen sechs DM-Starter, die die Norm von 10,40 Sekunden bereits unterboten haben – darunter als Schnellster der Meldeliste Simon Wulff (TSV Bayer 04 Leverkusen; 10,23 sec), aber auch zwei U20-Athleten, die die U20-EM im August in Jerusalem (Israel) im Fokus haben. Gemäß Richtlinien von European Athletics sind die Jahrgänge 2004 und jünger bei der U23-EM nicht startberechtigt.
Ebenfalls mehr Normerfüllerinnen als U23-EM-Startplätze finden sich im Dreisprung der weiblichen U23. Anna Gräfin Keyserlingk (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 13,73 m), Aliena Juliette Heinzmann (TV Eppingen; 13,56 m), Caroline Joyeux (LG Nord Berlin; 13,53 m) und Sarah-Michelle Kudla (SCC Berlin; 13,46 m) haben mit Weiten teils deutlich jenseits der geforderten 13,30 Meter für einen erfreulichen Aufwind in dieser Disziplin gesorgt. Und Dreisprung-Neuling Nicola Kondziella (TV Wattenscheid 01), die mit einem Doppelstart im Drei- und Weitsprung plant, fehlen jeweils nur wenige Zentimeter bis zum Richtwert.
Mikaelle Assani mit WM-Norm im Gepäck
Im Weitsprung der weiblichen U23 präsentiert sich eine Athletin, die gar schon die Norm für die WM in Budapest (Ungarn; 19. bis 27. August) in der Tasche hat: Mikaelle Assani (LG Region Karlsruhe) ist nach ihren 6,91 Metern von Weinheim sowie drei weiteren Wettkämpfen mit Sprüngen über die 6,50-Meter-Marke die große DM-Favoritin und sicher eines der Aushängeschilder der Veranstaltung. Herausgefordert wird sie von Mehrkämpferin Lucie Kienast (Eintracht Frankfurt), die nach ihrer schweren Knieverletzung und einem Trainerwechsel zurzeit auf den Weitsprung setzt und mit 6,43 Metern ebenfalls die Norm für Espoo abgehakt hat.
Auch Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien) kann auf eine starke Saison mit Normerfüllungen gleich auf drei Strecken zurückblicken. In ihrer Paradedisziplin, den 3.000 Meter Hindernis, zählt die U20-Europameisterin von 2021 nach ihrer Bestzeit von 9:29,99 Minuten zu den Top Drei Europas in der U23. Für die Titelkämpfe in Göttingen hat die 21-Jährige sowohl für die Hindernisse als auch für die 1.500 Meter gemeldet.
Dreikämpfe und Duelle
Weitere Athleten mit internationalem Medaillenpotenzial steigen am Wochenende im Diskuswurf der männlichen U23 in den Ring: Unter den starken deutschen Werfern des Jahrgangs 2003 bringt Steven Richter (LV 90 Erzgebirge; 65,88 m) die beste Meldeleistung mit. Er belegt zurzeit in Europa hinter Vize-Weltmeister und Europameister Mykolas Alekna (Litauen; 71,00 m) den zweiten Platz der U23-Altersklasse.
Dass sich Steven Richter, der mit der Kugel eine Bestleistung von 19,23 Metern aufweist, in Espoo auf den Diskuswurf konzentrieren wird, dürfte die deutschen Kugelstoßer freuen: Mit Team-EM-Starter Xaver Hastenrath (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), Tizian Lauria und Eric Maihöfer (beide VfL Sindelfingen) bleiben so noch drei weitere deutsche 19,00-Meter-Stoßer die ersten U23-EM-Anwärter.
Kassel statt Göttingen für Ganter und Batz
Zwei weitere hoffnungsvolle U23-Talente präsentieren sich dagegen erst eine Woche später auf der DM-Bühne: Robin Ganter hat sich nach dem Sprint-Doppelstart bei der Team-EM eine Pause auferlegt und wird erst wieder bei der DM in Kassel (8./9. Juli) in den Startblock steigen. Dasselbe gilt im Weitsprung für Simon Batz (beide MTG Mannheim). Mit ihren bisherigen Saisonleistungen von 10,16 Sekunden beziehungsweise 7,87 Metern sowie Rang drei und fünf der europäischen Rangliste dürfte ihnen das U23-EM-Ticket jedoch so gut wie sicher sein.
Für das Weitsprung-Gold von Göttingen scheint daher die Bahn frei zu sein für Oliver Koletzko (VfB Stuttgart): Der U20-Europameister von 2021 mit einer Bestleistung von 7,98 Metern kämpft sich nach einer schwierigen Saison 2022, einem Trainerwechsel und einer Verletzung zum Start in das neue Jahr zurück und ist bisher bei 7,71 Metern angelangt – damit ist der Richtwert für Espoo abgehakt.
Jagd nach Last-Minute-Normen
Daumen drücken heißt es am Wochenende vor allem für all jene Athletinnen und Athleten, denen bisher wenige Hundertstel, Zehntel oder Zentimeter für die Normen zur U23-EM fehlten – denn am Sonntag endet der Zeitraum für die Normerfüllung. Über 200 Meter ist die Norm für Talea Prepens (TV Cloppenburg), Carolin Bender (SSV Ulm 1846) oder Lilly Kaden (LG Olympia Dortmund) sicher in Reichweite. Auch Lilly Kaden, 2021 U23-Europameisterin über 100 Meter, zählt zu jenen Athletinnen und Athleten, die nach Verletzungsproblemen wieder auf dem Weg zurück sind.
Gut möglich, dass in Göttingen darüber hinaus einige U20-Talente groß auftrumpfen: So führt die 19-jährige Nina Ndubuisi (SV Schorndorf 1846) sogar das Kugelstoß-Feld an. Im Hammerwurf ist die Sechste der U20-WM Jada Julien (LV 90 Erzgebirge) in Lauerstellung hinter Esther Imariagbee (Berliner TSC) und Aileen Kuhn (LAZ Ludwigsburg). Über 800 Meter der männlichen U23 fordert U20-Läufer Elija Ziem (SC Neubrandenburg; 1:48,21 min) unter anderen Adrian Engstler (TV Villingen; 1:48,29 min) heraus. Und U20-Sprinter Heiko Gussmann (SCL Heel Baden-Baden) kann über 100 Meter vorne mitrennen.
leichtathletik.de überträgt alle Entscheidungen an beiden Wettkampftagen im Livestream. Es kommentieren für Sie Chantal Buschung und Marcel Fehr. Los geht's am Samstag um 12:55 Uhr und am Sonntag um 10:40 Uhr.