Hürdenläuferin Krafzik: Tränen statt Triumpf
Carolina Krafzik vom VfL Sindelfingen lag im EM-Finale über 400 Meter Hürden in der zweiten Kurve sensationell in Führung, schrammte am Ende mit Pech an einer Medaille vorbei. Bis zur zehnten Hürde hatte die 27-Jährige Edelmetall schon fest in den Beinen und in der Hand, ein Schrittfehler kostete ihr dann aber den Sprung auf das Siegertreppchen.
„Natürlich bin ich nach diesem Rennverlauf enttäuscht über das Endergebnis“ schluchzte die vierfache Deutsche Meisterin in die Mikrofone. Mit 56,02 Sekunden blieb ihr am Ende lediglich der achte Platz, nachdem sie im Vorlauf mit 54,32 Sekunden eine starke Bestzeit gelaufen war, und sich im Finale auf dem Weg zu einer Zeit unter 54 Sekunden befand, was bislang nur drei deutschen Läuferinnen überhaupt gelungen war.
„Der Empfang bei der Vorstellung des Teilnehmerfeldes war überwältigend“, freute sich Krafzik über die Begeisterung der 25 000 Zuschauer im Olympiastadion für die kleinste Läuferin im Feld. Das Aushängeschild des VfL Sindelfingen, das auch von vielen Zuschauern aus der Heimat unterstützt wurde, nahm die Energie des Publikums auf und legte furios los. Krafzik lag in Führung, das Stadion tobte. Doch dann das Malheur an der zehnten Hürde. „Carolina hat für einen Moment zu kurz Schritte gemacht, musste in den 19er Rhythmus umsteigen und konnte nicht im 17er Schritt weiter laufen, damit war das Tempo komplett raus“, analysierte Trainer Werner Späth die Situation.
Europameisterin wurde die Niederländerin Femke Bol mit Meisterschaftsrekord von 52,67 Sekunden, die damit mit drei Titeln zur erfolgreichsten EM-Starterin wurde. Selbst Silber, das die Ukrainerin Viktoria Trachuk (54,30 Sek.) holte, wäre an diesem Abend für Krafzik möglich gewesen.
Statt einer Medaille in der Hand kullerten ihr Tränen übers Gesicht. „Caro ist noch nie in ihrer Karriere so schnell gelaufen wie heute“, tröstete sich auch Späth mit einer überragenden Vorstellung seines Schützlings. Und Späth, der schon zahlreiche Sindelfinger Athleten zu Olympia, Welt- und Europameisterschaften gebracht hatte, lobte Charakter, Motivation und Leistungsbereitschaft von Krafzik. „Es macht großen Spass, mit ihr zusammenzuarbeiten“, betonte der 78-jährige Trainer-Methusalem, „ich werde wohl noch solange weitermachen müssen, bis sie aufhört“. Das ist wohl ein Versprechen an die Leichtathletik in der Region und die Olympischen Spiele 2024 in Paris.
Mit der 4x400 Meter-Staffel auf Platz fünf
Carolina Krafzik wurde vom DLV dann noch für die 4x400 Meter-Staffel nominiert. Mit einem furiosen Lauf führte Krafzik das DLV-Quartett von Platz sieben auf einen kaum erwarteten fünften Rang. Es siegten die Niederlanden vor Polen und Großbritannien. „Nach dem Hürdenrenn am Vortag ging es erstaunlich gut heute, ich bin aber trotzdem froh, wenn ich jetzt mal ein bisschen Pause bekomme“ sagte die Sindelfingerin, „ich habe es heute genossen, hier noch einmal laufen zu können.“ Und am Stadionmikrofon rief sie den 25000 Zuschauer dann nicht nur ihr persönliches Fazit zu: „Danke München, das war mega!“