Hemmschwelle war schnell gebrochen
„Darf ich nochmal, von mir aus auch ohne Keks und Führerschein“. Kyra konnte gar nicht genug davon bekommen. Gekonnt lenkte das sportliche Mädchen den Rollstuhl von Kerstin Abele durch die Slalomstrecken, warf den Ball zielsicher in den aufgebauten Popup Sack, bückte sich unter der „Limbostange“ durch und parkte den Rolli vorwärts und rückwärts ein. Etwas schwieriger wurde es beim Umrunden der Spieltische. Der Haken dabei war, dass an dieser Station ein ziemlich voller Wasserbecher in der Hand gehalten werden musste. Gar nicht so einfach. Doch schnell hatte Kyra wie auch die anderen Teilnehmer den Trick raus. Einmal den Becher links in die Hand und den Greifring rechts greifen, dann wieder anders herum. Schon war der Bogen raus. Wenn nicht half Kerstin Abele, die seit über 30 Jahren nach einem Fahrradunfall im Rollstuhl sitzt, nach.
Wer den Parcours durchfahren hatte, durfte sich am Ende über einen Rollstuhlführerschein und TSG-Kekse freuen. Der Parcours wurde im Rahmen einer vom Württembergischen Landessportbund geförderten Sensibilisierungsmaßnahme zwischen der Leichtathletikabteilung der TSG Münsingen und Kerstin Abele aufgebaut, um nichtbehinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, die querschnittgelähmte Kerstin Abele, die sich stellvertretend für einen Großteil der behinderten Menschen sah, als selbstbewusste und emanzipierte Persönlichkeit, die wie die meisten anderen behinderten Menschen auch, Außerordentliches auf ganz vielen Gebieten leisten kann, kennen zu lernen. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass durch den gemeinsamen Sport, vorhandene Hemmschwellen und Berührungsängste gegenüber behinderten Menschen abgebaut werden konnten.
Der im Vorfeld von Kerstin Abele unterschriebene Rollstuhlführerscheinstapel war schnell ausgegeben, was deutlich aufzeigte, dass großes Interesse da war. Nicht nur bei Kindern auch bei erwachsenen Badegästen. So ließ es sich auch Ulrich Krehl, als alter TSG-Leichtathlet, mit seinen 89 Lenzen nicht nehmen, sich vom Altersheim aus im Rollstuhl zum Parcours schieben zu lassen. Ganz zur Freude von Kerstin Abele und der Organisatorin von der TSG. Und weil´s alleine meist nur halb so schön ist, brachte er gleich noch zwei seiner Heimkameraden, die ebenfalls im Rollstuhl saßen, mit.
Für Kerstin Abele zeigte sich die Plattform im Freibad, als perfekter Ort, um mit möglichst vielen, ganz unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen und dabei aufzuzeigen, dass es eigentlich nicht viel braucht, um die Hemmschwellen und die Berührungsängste gegenüber behinderten Menschen, abzubauen.