100 Jahre Leichtathletik in der Turnerschaft Esslingen

  21.10.2019    WLV Top-News WLV
Festtag bei der Turnerschaft Esslingen 1890 e.V.: Die Leichtathletikabteilung kann in diesem Jahr auf eine hundertjährige wechselvolle Geschichte zurückblicken. WLV-Ehrenpräsident Fred Eberle überbrachte am vergangenen Freitag (18. Oktober) im Rahmen eines Empfangs zur Feier des Jubiläums die Ehrenplakette des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.

Fred Eberle hob in seiner Laudatio das Wirken des Vereins und insbesondere der Abteilung für die Leichtathletik hervor. 1919 gründete Max Scholpp, der seinerzeit im Hochsprung 1,79 Meter überquerte, beim Vorgängerverein Turngemeinde (TG) Esslingen die Abteilung. Neun Jahre später wurde auf den Höhen des Schurwalds oberhalb von Esslingen in freiwilligem Arbeitsdienst eine Aschenbahn erstellt, die zur Grundlage für eine „Goldene Zeit“ der Leichtathletik in Esslingen wurde. Wilhelm (Menne) Single wurde mehrfacher Landesmeister über 200, 400 und 800 Meter und gewann beim Deutschen Turnfest 1933 das 400 Meter-Rennen. Alfred Grau lief zusammen mit Rudolf Harbig einen Weltrekord in der 4x800 Meter-Staffel, ehe der 1939/40 zum Luftwaffensportverein Berlin „versetzt“ wurde. Der Sprinter Hermann Pfäffle, der nach dem 2. Weltkrieg in Lorch zu einem großen Förderer der Leichtathletik wurde, wie Fred Eberle besonders hervorhub, wurde ebenso wie das Nachwuchstalent Hans Stölzle in Länderkämpfen eingesetzt. Daneben hatte die Abteilung  bereits in der Vorkriegszeit erfolgreiche Frauen wie Gretel Hoberg-Beutel im Sprint, Liesel Spohn-Mödinger und Else Kenner in den Wurfdisziplinen.

Gleich nach dem Kriege vertraten Hans Stölzle und Hermann Pfäffle wieder die Esslinger Farben in der Leichtathletik. Von 1950 bis 1952 war Ernst Wurfer (später Salamander Kornwestheim und langjähriges Vorstandsmitglied des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes) Abteilungsleiter. Anschließend führten Gebhard Reich, der lange Zeit auch Leichtathletik-Kreisvorsitzender war sowie Siegfried Mühleisen die Abteilung.

In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts gehörte die Turngemeinde Esslingen zu den führenden Leichtathletik-Vereinen Württembergs. Man beschränkte seinen Radius aber nicht auf das Land. Fast jedes Jahr gab es internationale Begegnungen mit anderen Vereinen in Esslingen und mit Rückkämpfen im Ausland. So standen u.a. Wettkämpfe in Biel (Schweiz), Vienne (Frankreich), Swansea (Wales), Norköpping (Schweden) und in Belgien sowie der Besuch der Leichtathletik-Europa­meisterschaften 1966 in Budapest auf dem Programm. Diese Reisen stärkten den Zusammenhalt in der Abteilung und brachten ihr den Ruhm ein, erfolgreiche Teams zu formen. Bei Mehrkampfmeisterschaften, in der DMM und der DJMM standen die „Grünhemden“ der TG Esslingen an vorderster Front.

Im Zuge der Fusion zur Turnerschaft Esslingen konnte ein neues Stadion mit sechs Rundbahnen erstellt werden. Es erhielt die erste reguläre Kunststofflaufbahn Württembergs nach dem Stuttgarter Neckarstadion. Beim Internationalen Einweihungssportfest am 14. Juli 1968 starteten u.a. auch die späteren US-Olympiasieger Ronnie Ray Smith und Lee Evans sowie John Carlos (Bronze). Dazu kamen weitere Athleten aus den USA, Südafrika und Schweden, die teilweise heute noch die Stadionrekorde inne haben.

In den Folgejahren richtete die Turnerschaft weitere nationale und internationale Wettkämpfe auf dieser tollen Anlage aus. Dazu kamen auch Landesmeisterschaften und Waldlauftitelkämpfe.

Obwohl der Verein in den sechziger Jahren guten Nachwuchs hatte, gab es in den 70er Jahren einen starken Leistungseinbruch, da die Jugendlichen in die Berufsausbildung (Studium) kamen und von den Aktiven viele alters- und familienbedingt die Spikes an den berühmten Nagel hingen. Auch engagierte sich der Esslinger Mittelstand nicht als Sponsor im Esslinger Sport.

Dafür bildete sich Mitte der 70er Jahre um Siegmar Müller, der seit 2005 Abteilungsleiter ist, eine sehr erfolgreiche Laufgruppe für Senioren-Langstreckler. 1979 wurde zudem der Esslinger Lauftreff entwickelt, der seit 1980 den Esslinger Schurwaldlauf durchführt und der in diesem Jahr seine 40. Auflage feierte.

Die Seniorenläufer, die Bergläufer und der Freizeitsport dominieren heute die Esslinger Leichtathletik-Szene. Sie haben auch in den letzten drei Jahrzehnten viele nationale Titel gewonnen. Dass die Leichtathletik-Abteilung auch seit 70 Jahren die treibende Kraft bei der Abnahme des Deutschen Sportabzeichens in Esslingen ist, sei nur am Rande erwähnt.

In einer vom Abteilungsleiter Siegmar Müller zusammengestellten Power-Point-Präsentation und einer 88-seitigen Jubiläumsschrift wurde die Geschichte der Abteilung nochmals lebendig.


Info:

Die DLV-Plakette wird bei besonderen Anlässen verliehen, in der Regel aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Leichtathletik-Abteilung eines Vereins, die sich in dieser Zeit um die Förderung der Leichtathletik aller Altersklassen auf nationaler und internationaler Ebene in der Spitze wie in der Breite in besonderer Weise verdient gemacht hat. Dazu zählen auch Leistungen als Organisator von Veranstaltungen größerer Bedeutung.

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Gunter H. Fahrion / wlv